Von 1998 bis 2006 verübte die rechtsextreme terroristische Gruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) Morde, Banküberfälle und Sprengstoffanschläge. Am 8. November 2011 stellt sich die letzte Überlebende der Gruppe, Beate Zschäpe, der Polizei.
Enver Şimsek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Yunus Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık, Halit Yozgat und Michele Kiesewetter wurden zwischen 2000 und 2006 von Mitgliedern der rechtsterroristischen Gruppe NSU ermordet. Trotz vieler Hinweise von vernommenen Familienangehörigen der Verstorbenen, dass es sich um rassistisch motivierte Taten gehandelt haben könnte, schlossen die Ermittlungsbehörden einen rechtsextremen Hintergrund der Morde lange aus. Stattdessen wurde von persönlichen Konflikten der Opfer ausgegangen, wodurch diese nach ihrem Tod kriminalisiert wurden. Das ändert sich erst im November 2011, als sich die letzte Überlebende des NSU, Beate Zschäpe, der Polizei stellt.
Am 4. November 2011 werden die NSU-Mitglieder Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos tot in ihrem Wohnmobil in einem Vorort von Eisenach aufgefunden. Die Behörden gehen von einem Selbstmord aus. Beate Zschäpe zündet zunächst das letzte gemeinsam bewohnte Haus der Gruppe in Zwickau an und stellt sich anschließend am 8. November 2011 der Polizei. Die drei NSU-Mitglieder waren bereits zuvor in der Neonazi-Szene Thüringens aktiv (Thüringer Heimatschutz) und den Behörden bekannt.
Als die Mordserie und ihr rechtsextremistischer Hintergrund 2011 bekannt werden, kommt es zu einem lauten Aufschrei in Politik und Medien. Vor allem stehen die Rolle und das Verhalten der Ermittlungs- und Sicherheitsbehörden einschließlich des Verfassungsschutzes in der Kritik. Dieser hatte mehrere sogenannte V-Leute in der Thüringer Neonazi-Szene, deren Akten am 11. November größtenteils vernichtet wurden. Daher wird Anfang 2012 ein Untersuchungsausschuss des Bundestages einberufen, der zur Aufklärung der Taten und der Rolle der deutschen Sicherheits- und Ermittlungsbehörden beitragen soll.
Im Abschlussbericht des Ausschusses stehen die Fehler von Einzelpersonen im Vordergrund sowie die mangelnde Vernetzung von verschiedenen Behörden. Eine Thematisierung von institutionellem Rassismus, der den Umgang der Ermittlungsbehörden und Justiz mit der Mordserie von Anfang an kennzeichnet, bleibt hingegen völlig aus. Der Begriff Rassismus wird lediglich zur Beschreibung der Denkweise der Täter*innen benutzt. Dadurch wird Rassismus abermals als Problem einer isolierten, rechtsextremen Gruppe diskutiert und nicht als strukturelles Problem, das in Politik, Medien, Behörden, Justiz und der Gesamtgesellschaft wirksam ist. Viele Fragen zu den Tathintergründen und der Verantwortung der deutschen Behörden bleiben unbeantwortet. Daher kann bisher keinesfalls von einer gründlichen (weder politischen noch gesellschaftlichen) Aufarbeitung der NSU-Morde gesprochen werden.
Der am 6. Mai begonnene Prozess gegen Beate Zschäpe und vier weitere Angeklagte vor dem Münchener Oberlandesgericht läuft vermutlich noch bis Juli 2018.