Zu Beginn der 1990er werden im gesamten EU-Bereich vermehrt Erst- und Folgeanträge auf Asyl gestellt. Die Antragstellenden kommen vor allem aus dem durch die Bürgerkriege zerbrechenden Jugoslawien. Als in Deutschland 1992 die Marke von 483.191 Anträgen erreicht wird, wird im selben Jahr der sogenannte „Asylkompromiss“ beschlossen, der eine massive Einschränkung des Grundrechts auf Asyl bedeutet.
Die Regelung wird im Dezember 1992 von der CDU/CSU, FDP und SPD erlassen und tritt am 1. Juli 1993 in Kraft. Durch eine Änderung des Grundgesetzes und des Asylverfahrensgesetzes werden die sogenannte Drittstaatenregelung und das Flughafenverfahren eingeführt.
Die Drittstaatenregelung besagt, dass Asylsuchende, die von ihrem Herkunftsland über einen anderen EU-Staat oder einen anderen von den deutschen Behörden als „sicher“ eingestuften Drittstaat eingereist sind, keinen Anspruch auf Asyl in Deutschland haben. Die deutschen Behörden gehen davon aus, dass es Asylbewerber*innen zumutbar ist, ihr Asylrecht in dem ersten sicheren Staat geltend zu machen, den sie auf ihrer Flucht erreichen. Sämtliche an Deutschland angrenzenden Staaten gelten in diesem Sinne als sichere Drittstaaten. Das Recht auf Asyl in in Deutschland setzt demnach zwingend voraus, dass Asylsuchende entweder auf dem Luftweg oder über See das deutsche Staatsgebiet erreichen.
Das Flughafenverfahren ist ein beschleunigtes Asylverfahren, das noch vor der Einreise nach Deutschland eingeleitet wird. Asylsuchende Personen, die keine oder gefälschte Ausweispapiere mit sich führen oder aus einem als „sicher“ eingestuften Herkunftsland stammen werden noch im Flughafen von der Bundespolizei in eine Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens gebracht. Asylsuchende müssen umgehend ihren Asylantrag stellen und begründen und dürfen die Unterkunft nicht verlassen, bis über ihren Antrag entschieden worden ist.
1993 tritt außerdem das nicht minder umstrittene Asylbewerberleistungsgesetz in Kraft. Demnach hat der Staat nur noch ein Minimum an Grundleistungen zur Existenzsicherung zu garantieren, etwa in Form von Sachleistungen wie Gutscheinen. Das System der Gutscheine weist jedoch einen problematischen Charakter auf. Zum einen sind Menschen mit Gutscheinen als Asylbewerber*innen gleich zu erkennen und sind dadurch Diskriminierungen und Rassismen ausgesetzt. Zum anderen können sie nicht frei über die Wahl ihrer Einkäufe bestimmen, da über Gutscheine nur bestimmte Arten von Lebensmitteln und Sachmitteln erworben werden können.
Die Änderungen der Asylregulierungen in Deutschland lösen auch politische und mediale Diskussionen in der Gesellschaft aus. Zuwanderung und Asyl werden dabei verstärkt als Problem und Gefahr stigmatisiert, vor der sich Deutschland schützen müsse. Gleichzeitig kommt es bundesweit zu immer mehr rechtsextremen Gewalttaten gegenüber Migrant*innen (siehe Anschläge Hoyerswerda und Rostock-Lichtenhagen, 1991-1992), wie bereits Anfang der 1980er Jahre, kurz vor der Einführung des Asylverfahrensgesetzes (siehe Asylverfahrensgesetz, 1982). Das abgeänderte Asylverfahrensgesetz, sowie das Asylbewerberleistungsgesetz bilden bis heute (mit erneuten Nachbesserungen u.a. durch das Zuwanderungsgesetz) die Grundlage des Asylrechts in Deutschland.