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2003
Kopftuch-Verbot an Schulen

Ausgehend von dem Fall in Baden-Württemberg urteilt das Bundesverfassungsgericht im September 2003, dass Kopftücher in Schulen erlaubt, aber auch verboten werden dürfen. Dies läge im Ermessen der einzelnen Bundesländer. Allerdings steht für das Bundesverfassungsgericht fest, dass muslimischen Lehrerinnen in der BRD das Tragen von Kopftüchern im Schulunterricht ohne eine klare gesetzliche Grundlage nicht verboten werden kann. Auf der Grundlage dieses Urteils legt Baden-Württemberg kurze Zeit später einen Gesetzesentwurf vor, welches das Tragen von Kopftüchern im Unterricht verbietet. Der Ministerrat des Landes stimmt dem Entwurf im Januar 2004 zu., Das Kopftuch einer Lehrerin sei aufgrund seiner Mehrdeutigkeit und seiner politischen Bedeutung aus Schulen fernzuhalten. Auch die damalige Kultusministerin Annette Schavan unterstützt diese Position und betont, dass das Kopftuch weniger ein religiöses Symbol, als ein Zeichen politischer Unterdrückung der Frau im Islam sei. Kritiker*innen fordern im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes entweder die Aufhebung der Bestimmung oder die gleichzeitige Verbannung christlicher und jüdischer Symbole aus Schulen, allerdings ohne Erfolg. Im Juni 2004 bestätigt das Bundesverwaltungsgericht das Urteil als verfassungsgemäß und weist die Klage von Fereshta Ludin zurück. Aktuell wird das Gesetz in acht der 16 Bundesländer der BRD, darunter NRW, Bayern, Hessen, Baden-Württemberg und Niedersachsen angewandt. Allerdings fallen die Regelungen unterschiedlich aus, so dass in Niedersachsen Lehrerinnen das Kopftuch während des Islamischen Religionsunterrichts, aber nicht auf dem Schulhof oder in einem anderen Unterrichtsfach tragen dürfen. Das Urteil entfacht eine öffentliche und politische Debatte über den Stellenwert von Religion und über antimuslimische Tendenzen in der deutschen Mehrheitsgesellschaft und Politik. Während die Betroffenen ihre Position mit dem Recht auf freie Religionsausübung verteidigen, argumentiert die Gegenseite mit der Gleichberechtigung der Geschlechter und der Unterdrückung der Frauen* im Islam. Hier werden also die Diskurse Religion und Geschlecht miteinander vermischt. Sieben Jahre später kommt es durch das sogenannte Beschneidungsurteil zu einem vergleichbaren Fall der Einmischung der Justiz in die freie Religionsausübung von Muslim*innen (siehe Beschneidungsurteil, 2012). Viele der betroffenen Lehrerinnen sowie andere Muslima, die aufgrund ihres Kopftuches im Alltag diskriminiert werden, wenden sich in der Folge an die Justiz oder die Öffentlichkeit. So gründet sich 2010 das Netzwerk gegen Diskriminierung und Islamfeindlichkeit mit dem Ziel, Diskriminierungsfälle zu erfassen und gegen die Verantwortlichen Klage einzureichen.
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