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1919
Rassistische Proteste gegen die Besatzung des Rheinlands
Die Besetzung des linken Rheingebiets ist eine Bestimmung des Friedensvertrags von Versailles (siehe Versailler Vertrag, 1919). Von den 85.000 im Rheinland stationierten französischen Besatzungssoldaten stammen etwa 25.000 bis 30.000 aus nord- oder westafrikanischen Kolonien. Die Präsenz Schwarzer Soldaten im Rheingebiet stößt schnell auf massiven Protest in Politik und Gesellschaft. Viele Parteien fordern den Rückzug der Truppen und warnen vor der „Schändung und Verseuchung des deutschen Volkes“ (Anfrage der DNVP 23.04.1920). Der damalige Reichspräsident Friedrich Ebert sieht in den Truppen „niederster Kultur“ als „Aufseher über eine geistig und wirtschaftlich so hoch stehende Bevölkerung“ eine Verletzung der Gesetze „europäischer Zivilisation“. Die politisch initiierte und durch die nationale Presse verbreitete Kampagne gegen die sogenannte „Schwarze Schmach am Rhein“ erfährt große Zustimmung in der Bevölkerung. Darin werden die Kolonialsoldaten als brutale „Wilde“ dargestellt, die zu Gewalt und Kriminalität neigen, von exzessiven sexuellen Trieben gesteuert sind und das deutsche Volk „rassisch verseuchen“ würden. Frankreich wird vorgeworfen, mit der Stationierung der Kolonialsoldaten gegen die „Solidarität der weißen Rasse“ verstoßen zu haben.
Dies legt den Schluss nahe, dass sich das Deutschland der Weimarer Republik vielerorts als eine weiße Volksgemeinschaft versteht, die auf der Annahme der Existenz unterschiedlicher „Rassen“ gründet, die hierarchisch organisiert sind. Die Kampagne greift damit auf sozialdarwinistische „Rasse“-Theorien und kolonialrassistische Stereotypen aus dem 19. Jahrhundert zurück (siehe Sozialdarwinismus und Eugenik, 1890).
Die Kinder der Besatzungssoldaten, die während der Besatzungsjahre geboren werden, haben später ebenfalls mit rassistischer Diskriminierung zu kämpfen (siehe Besatzungskinder, 1959). 1933 werden erste „rassenhygienische“ Untersuchungen an Kindern mit Schwarzen und weißen Eltern durchgeführt, 1937 kommt es zu den ersten illegalen Zwangssterilisierungen (siehe Schwarzen Menschen im NS, 1936-1945).
"Stell dir vor du bist in Deutschland. Es ist das Jahr 1937. Du bist Schwarz. Der 12-jährige Joachim muss sich im zunehmend feindlich gesinnten Umfeld seines Heimatdorfes mit seiner Identität als afrodeutscher Junge auseinanderzusetzen, während seine Eltern Awa und Annemarie dafür kämpfen, ihrem Sohn vor dem Hintergrund der nationalsozialistischen Politik eine normale Kindheit zu ermöglichen."