Timelines

Erkunde die Geschichte von Migration, Staatsbürgerschaft und Zugehörigkeit in Deutschland und den USA über die Jahrhunderte.

Close
1973
Anwerbestopp in der BRD

Angesichts der drohenden Wirtschaftskrise beschließt die Bundesregierung im Januar 1973 einen Anwerbestopp. Der Anteil sogenannter "Gastarbeiter*innen" und ihren Angehörigen liegt in diesem Jahr in Deutschland bei ca. vier Millionen. Als Konsequenz wird 1973 aus der Bundesrepublik "versehentlich" das, was die Politik eigentlich verhindern wollte: ein Einwanderungsland.

Angesichts der drohenden Wirtschaftskrise beschließt die Bundesregierung im Januar 1973 einen Anwerbestopp. Der Anteil sogenannter “Gastarbeiter*innen” und ihrer Angehörigen liegt in diesem Jahr in Deutschland bei ca. vier Millionen. Als Konsequenz wird 1973 aus der Bundesrepublik “versehentlich” das, was die Politik eigentlich verhindern wollte: ein Einwanderungsland. Aufgrund der beginnenden Öl- und Wirtschaftskrise, die ein Ende des seit den 1950er Jahren in der BRD anhaltenden sogenannten Wirtschaftswunders einleitet, verhängt die Bunderegierung am 23. Januar 1973 einen Anwerbestopp für Arbeiter*innen aus Nicht-EG-Ländern (Länder, die zu dem Zeitpunkt nicht Teil der Europäischen Gemeinschaft sind). Legale Einwanderung ist ab jetzt hauptsächlich über das Gesetz der Familienzusammenführung und die Beantragung von Asyl möglich. Als Folge kehren etwa 500.000 Menschen zwischen 1973 und 1975 in ihre Herkunftsländer zurück. Gleichzeitig findet in den Medien ein Diskurs über angebliche Überfremdung statt, der sich offen gegen “Gastarbeiter*innen” und Zuwander*innen richtet und sie als Gefahr darstellt. So titelt etwa das Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL in der Ausgabe 31/1973 „Gettos in Deutschland – Eine Million Türken“ und spricht in dem Artikel „Die Türken kommen, rette sich wer kann“ von „Türken-Kolonien“. Einige Monate zuvor, im November 1972, wurde das Dekret zur Aufhebung des Rückkehrverbotes von Aussiedler*innen beschlossen, wodurch die Einreise in die BRD für sie erleichtert wurde. Nach dem Beschluss setzt Anfang 1973 eine verstärkte Ausreisewelle aus sowjetischen Staaten ein. Die Gruppe der Aussiedler*innen, die „ethnisch“ näher an dem Konstrukt der „deutschen Volksgruppe“ imaginiert wird, erhält Einreisevorteile und wenn nicht in der Realität, so doch auf dem Papier den Status von erwünschten Einwander*innen.
Während schon vor dem Beginn der Anwerbeverträge durchaus auch viele Frauen nach Deutschland eingewandert waren, waren es in erster Linie migrantische Männer, die in den deutschen Medien als symbolische Repräsentanten für das System der Gastarbeit herhalten mussten. Hierbei taten sich die deutschen Medien durch eine beständige Infantilisierung und Exotisierung der männlichen Gastarbeiter hervor.
- Dominguez Andersen
Aus: Ahmet Gündüz. Migration, Männlichkeit und die diasporischen Ursprünge von HipHop in Deutschland und Europa
Germany
Sources
  1. Gräf, Beate (2008): Migranten in der öffentlichen Wahrnehmung. Dissertation an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
  2. Svetlana Kiel. Wie deutsch sind Russlanddeutsche?. Münster: Waxmann Verlag.
  3. Birgit zur Nieden. „…und deutsch ist wichtig für die Sicherheit!“ Eine kleine Genealogie des Spracherwerbs Deutsch in der BRD. In: o integration?! Kulturwissenschaftliche Beiträge zur Integraionsdebatte in Europa. Bielefeld: Transcript Verlag.
Additional Resources
  1. Der Spiegel (1973): Die Türken kommen – rette sich, wer kann.
  2. Bundeszentrale für politische Bildung. Anwerbestopp. Aufgerufen am: Dez 27, 2021.
  3. Ahmet Gündüz. Migration, Männlichkeit und die diasporischen Ursprünge von HipHop in Deutschland und Europa. Themenportal Europäische Geschichte). 2015. Aufgerufen am: Dezember 27, 2021.
  4. Außenklos im Wunderland Almanya – TAZ Serie “Orte der Migration”. taz). 07/09/2011. Aufgerufen am: Dezember 27, 2021.
Learn how these timelines were made
USA
/
DEUTSCHLAND
2025 With Wings and Roots e.V. All rights reserved.
Impressum